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CFC, ausführlich: wie Gewinne ins Heimatland zurückgeholt werden

CFC, ausführlich: wie Gewinne ins Heimatland zurückgeholt werden

Kernidee

Das Parken von Gewinnen in einer niedrig besteuerten Auslands­gesellschaft verschiebt die Steuer im Heimatland nicht, wenn CFC-Regeln (Hinzurechnungsbesteuerung) greifen. Wenn du die Gesellschaft beherrschst, sie niedrig besteuert ist und ein wesentlicher Anteil passive Einkünfte darstellt, kann dein Heimatstaat diese Gewinne auch ohne Dividenden besteuern.

Was geprüft wird — in einfachen Worten

  • Dein Steuerdomizil. Wo du veranlagst, bestimmt, welches CFC-/Hinzurechnungsrecht gilt.
  • Wer das Sagen hat. Stimmrechte, Unterschriftsbefugnis oder faktische Steuerung → du kontrollierst.
  • Wie niedrig ist „niedrig“. Liegt der effektive Steuersatz unter der lokalen Schwelle, gilt: niedrig besteuert.
  • Geldart. Zinsen, Lizenzen, Portfoliodividenden, konzerninterne „IP/Services“ = passiv. Verkäufe mit Team = aktiv.
  • Realität vor Ort. Büro, Lohnliste, Entscheidungen dort, Dritt­kunden, saubere Bücher. Ein Briefkasten ist keine Substanz.

Fünf­stufiger Entscheidungsweg

  1. Bist du in Land X steuerlich ansässig? → CFC-Recht von Land X gilt.
  2. Kontrollierst du die Auslands­gesellschaft? → rechtliche oder faktische Kontrolle = ja.
  3. Liegt ihr ETR unter der Heimatschwelle? → niedrig besteuert = ja.
  4. Ist ein wesentlicher Anteil des Gewinns passiv? → wenn ja, Risiko steigt.
  5. Gibt es echte Substanz im Ausland? → wenn nein, Zurechnung wahrscheinlich.

Fälle mit Zahlen

Fall 1 — Offshore-Box mit passiven Einkünften

  • Struktur: Du hältst 80 % an einer Auslands­gesellschaft. ETR = 5 %. Umsätze aus konzerninternen Lizenzen und Zinsen.
  • Gewinn: 300.000 $. Passiver Anteil: 70 % (210.000 $).
  • Ergebnis: 210.000 $ unterliegen im Heimatland der CFC-Hinzurechnung. Keine Dividenden nötig.
  • Warum: Kontrolle + niedriger ETR + passive Einkünfte − Substanz.

Fall 2 — Reale Auslandstätigkeit (Op-Co)

  • Struktur: Auslands­tochter mit 8 Mitarbeitenden, gemietetem Büro, lokale Vertrags­unterzeichnung, Dritt­kunden, ETR = 22 %.
  • Gewinn: 300.000 $ aus Produktverkauf und Support.
  • Ergebnis: Typischerweise außerhalb CFC (oder erfüllt eine Ausnahme).
  • Warum: aktive Einkünfte + normaler ETR + nachgewiesene Substanz.

Fall 3 — Split: Operating-Gesellschaft + IP-Holdco

  • Struktur: Op-Co in Land A verkauft an Kunden; IP-Holdco im Niedrigsteuerland B belastet 6 % Lizenz auf den Umsatz.
  • Zahlen: Op-Co-Gewinn 150.000 $; IP-Holdco-Gewinn 200.000 $ (ETR 5 %), Lizenzen nur von verbundenen Unternehmen.
  • Ergebnis: Op-Co in der Regel unkritisch; IP-Holdco wahrscheinlich von CFC erfasst (passive Lizenzen + niedriger ETR).
  • Hinweis: Verrechnungspreise und CFC gelten parallel; das eine ersetzt das andere nicht.

Fall 4 — Service-Boutique mit einer ausländischen „Invoice Box“

  • Struktur: Gründer stellt alle Beratungen über eine ausländische Ein-Personen-Gesellschaft in Rechnung, kein lokales Personal, gesamte Arbeit aus dem Heimatland, ETR im Ausland 0–5 %.
  • Gewinn: 180.000 $, „Management Fees“ von verbundenen Unternehmen.
  • Ergebnis: Hohes CFC-Risiko und/oder Umqualifizierung als inländische Betriebsstätte/Ort der Geschäftsleitung; Gewinne werden heimgezogen.
  • Warum: keine Substanz, nahestehende Leistungen, niedriger ETR.

Belege, die Entscheidungen treiben

  • Personen: Arbeitsverträge, Lohnabrechnungen, Stundennachweise, Organigramm.
  • Ort: Mietvertrag, Versorgerbelege, Anlagenverzeichnis, Serverstandort falls relevant.
  • Entscheidungen: Protokolle, Unterschriftsregister, Delegationsordnungen.
  • Marktrealität: Dritt­kunden, nicht nur symbolische Umsätze, unabhängige Preisbildung.
  • Bücher: testierte Abschlüsse, lokale Compliance, Steuererklärungen, Verrechnungspreis­dokumentation.

Warnsignale

  • Nur Briefkasten/virtuelles Büro.
  • Umsätze überwiegend mit nahestehenden Personen, insbesondere Lizenzen/Zinsen/„Management Fees“.
  • Direktoren nur auf dem Papier im Ausland, aber Agenden, Calls, Unterschriften aus dem Heimatland.
  • ETR künstlich deutlich unter dem Marktniveau ohne geschäftliche Rechtfertigung.
  • Keine getrennten Systeme, Verträge oder Bankkonten; Cash wird aus dem Heimatland gepoolt und gesteuert.

Maßnahmenkatalog (Prinzip, keine Beratung)

  • Substanz erhöhen: lokal einstellen, Fläche anmieten, tatsächliche Entscheidungen verlagern und dokumentieren.
  • Cashflows umcharakterisieren: passive Ströme reduzieren; echte Services fremdüblich bepreisen.
  • ETR normalisieren: Standard­anreize statt Ultra-Niedrigregime nutzen.
  • Struktur vereinfachen: keine IP-/Finanzboxen ohne nachweisbare Substanz.
  • Dokumente bereithalten: Protokolle, TP-Dokumentation, Kundenmix, Audit-Trail.

Wenn Gewinne in einer Niedrigsteuer-Box liegen, die Kontrolle aber bei dir, folgt die Steuer dir. Ohne echte Personen, Ort, Entscheidungen und Drittumsätze im Ausland werden Gewinne im Heimatland besteuert. Baue nur, was du auf Papier und in der Praxis belegen kannst. Wenn du es nicht nachweisen kannst, hast du es nicht.

 

Mathieu Fiscalis